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Über mich

Guter Dinge feiere ich, Rudi Richterschitz,

im kommenden April meinen 77er.

Seit 53 Jahren verheiratet, zweifacher Vater und Opa eines Enkels.

Euratsfeld, ein gemütlicher Markt im Mostviertel, dem südwestlichen Niederösterreich, ist mein Wohnsitz,

wirklich zu Hause fühle ich mich aber in Gaming, dem Ort, wo ich aufgewachsen bin.

 

Nahe am Fuß des die Region beherrschenden fast 2000 Meter hohen Ötschers. Traumhafte Fernblicke bei Wanderungen über vertraute Pfade halten dort seit jeher mein Seelenwohl im Gleichgewicht und die Waden geschmeidig.

17. April 1947

Den Menschen gelang es, zwei Jahre nach Kriegsende und trotz spürbarer Versorgungsmängel, vorsichtig aufzuatmen. Und sie wollten wieder Kinderlachen hören. Diesem Wunsch verdanken mein Bruder und ich unsere Existenz.

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​​​1955

Allmählich ging es ab diesem Jahr auch für uns im Land aufwärts. Allerdings noch deutlich eingebremst war der wirtschaftliche Aufschwung. Sichtbar am Nachhinken der Entwicklung gegenüber den westlichen Bundesländern.

 

​Seit 10 Jahren lebten wir in der sowjetischen Besatzungszone und damit auf der Schattenseite des Fortschritts. Als Kinder hörten wir bei Gesprächen der Erwachsenen davon. Einen Vergleich hatten wir nicht und so empfanden wir auch keinen Mangel.

Anfangs gab es halt nur Urlaub bestenfalls am nächsten Badeteich oder im Gemeindebad von Gaming. Meistens überfüllt, scharfem Chlorgeruch und mit durch zig Gucklöcher durchbohrten hölzernen Umkleidekabinen (Ich geb's zu, hab auch gespäht).

 

Mein geheimes, privates Paradies war ein verborgenes Uferstück mit wunderbar feinem Sand an der kristallklaren Erlauf, die sich praktisch vor unserer Haustür vorbeischlängelte. Dort konnte ich oft bis weit in den Abend hinein beim Bauen von Sandburgen meinen Träumen nachhängen. 

1961

​Durch den frühen Tod des Vaters war an eine weiterführende Schule einschließlich Internat in der nächstgrößeren Stadt St. Pölten nicht zu denken. Also Start in den sogenannten "Ernst des Lebens" über eine solide Ausbildung als Lehrling in einem ehrbaren Metallberuf. Und damit erstes selbstverdientes Geld.

 

Super, jetzt konnte ich mich so richtig toll einkleiden, wie es mir gefiel. Fürs Erste galt es, die damals brandheißen "Milanos" anzuschaffen. Schuhe aus zusammengenähten weißen und schwarzen Teilen. Ultramodern, aber mit einem herben Nachteil behaftet; diese Farbkombination war unmöglich zu pflegen. Erschwerend  kam noch hinzu, dass die langen schmalen Spitzen die Zehen arg misshandelten.

 

Ach ja, nicht fehlen durften die mit bunten Blumen bedruckten, sogenannten Hawai-Hemden. Mit den unten flatternden, weiten Röhrenhosen, damals sagte man zur Vorläuferin der heutigen Jeans noch Cowboyhose, ergab das eine mutige Kombination. Getoppt mit buntfarbigen Jacken bot sich zum Schrecken meiner Mutter eine abenteuerliche Zusammenstellung.
 

WOW ... wie war ich mit 15 stolz in diesem Aufzug!

1965

Nach abgeschlossener Ausbildung zog es mich aus unserem engen Tal hinaus in die Welt. Mehrjährige berufliche Reisen führten mich nach Schweden, Deutschland, England und in die Niederlande. Mit Gewinn an Wissen im Beruf, Sprachen und auch an persönlicher Reife,  kehrte ich nach einigen Jahren wieder zurück. Begleitet von einem fröhlichen holländischen Meisje. Fünf Jahre später, ab Mitte des folgenden Jahrzehnts, fruchtete diese zarte Verbindung darin, dass wir Eltern eines quietschvergnügten Pärchens wurden.

In dieser Phase kam auch ein zaghafter Hang zum Schreiben ans Licht. Anfangs verfasste ich kurze Gedichte. Zugegeben, sprachliche Kunstwerke waren es keine, sehr bemüht und ein bisschen naiv, aber gereimt dürften sie sich haben.

1970er

​Das Kernstück in diesem Zeitraum war der große Sprung in die Selbstständigkeit. Ich trennte mich vom Dasein eines Angestellten, setzte mutig diesen bedeutsamen Meilenstein. Mit einem bekannten Metallbauunternehmen aus Tirol hatte ich einen starken Partner im Rücken.

 

Zuversichtlich machte ich mich Schritt für Schritt auf den neuen, spannenden Weg. Aufbauend auf den ursprünglich erlernten Beruf und durch kaufmännische Ausbildung untermauert, startete ich mit der Planung und Ausführung kleinerer Projekte.

Zur selben Zeit erfüllte ich mir einen Traum, der schon seit Kindheitstagen durch den Kopf schwirrte. Wann immer ich als kleiner Knirps an der Hand meines Vaters auf einer Berghöhe stand, wollte ich wissen, wie die Welt hinter dem nächsten Gipfel aussieht.

In Trausdorf, nahe der burgenländischen "Metropole" Eisenstadt, erlernte ich dort in der damaligen Flugschule das Steuern eines Motorflugzeugs, erwarb

den Pilotenschein.

Nun war es mir möglich, selbst zu entdecken, was jenseits des durch Bergkämme und Gipfel begrenzten Horizonts lag. Für das Überwinden solcher Entfernungen waren nicht selten stundenlange Fußmärsche vonnöten. Ich brauchte jetzt von einem Bergrücken übers Tal zum nächsten gerade einmal

2 oder 3 Minuten.

Es war phantastisch.

​​1980er

Einschneidendes geschah Mitte dieses Jahrzehnts. Nach zehn Jahren Aufbau unseres Betriebes kam das plötzliche Aus. Ein Zerwürfnis mit Behörden führte zur Einstellung des mittlerweile auf 21 Mitarbeiter gediehenen Unternehmens. Aber Wendepunkte lassen einen auch abgeklärter und nachsichtiger werden.

Im Rückblick betrachtet, war es sogar ein Gewinn, diese Talsohle zu durchschreiten. Die abgelegte Last der Verantwortung ließ mich wieder freier Luft schöpfen.

Während der folgenden Ruhepause begann ich die Gedanken einzuordnen, die durch meinen Kopf wanderten. Selbst die unbegründeten Anfeindungen ohne erkennbares Motiv während der Zeit als Jungunternehmer beurteilte ich im Nachhinein gelassener.

Ab der zweiten Hälfte jenes Dezenniums ging es wieder mit Elan und vollem Einsatz voran. Am Bausektor wurden neue Maßstäbe gesetzt. Fertigteilbauten bei nahezu allen Bauvorhaben in vielfältigster Architektur, Größen und Materialen bestimmten immer stärker das Baugeschehen.

 

Namhafte Firmen sahen bedeutende Chancen in diesem Markt und mit einem dieser Unternehmen wurde eine stabile Partnerschaft aus der Taufe gehoben. Wie bei jedem Neubeginn war anfangs ein mit Lernen ausgefüllter Abschnitt

zu bewältigen. In dieser Phase wollte sich die zum Schreiben unerlässliche Muße kaum einstellen. Für stille Stunden zum Sammeln der in den Tiefen der Erinnerung schlummernden Gedanken blieb einfach keine Zeit.

1990er

​Diese Etappe verlief ruhig entlang der Zeitschiene bis zur Jahrtausendwende. Gemeinsam mit Fachleuten aus der Baubranche war ich Mitglied einer Bürogemeinschaft. Unter anderem planten wir eine Baufibel für Interessenten von Fertigteilhäusern herauszugeben. Mein Beitrag zu diesem Druckwerk war

das Verfassen der Texte sowie das Gliedern der jeweiligen Sachgebiete.

Zwar trockene Materie, aber immerhin ein Anfang.

 

Im Rohkonzept bereits fertig, verlor das Vorhaben jedoch zunehmend an Schwung durch Zeitmangel der Mitwirkenden. Halbfertig wurde es neben abertausenden ebenfalls unvollendeter Konzepte anderer Autoren freudlos in

die Ewigkeit gekippt.

​2000er

Bis zur Mitte des neuen Jahrzehnts ergaben sich keine schwer ins Gewicht fallenden Ereignisse. Außer dass gegen Ende des Zeitabschnitts eine langjährige Geschäftsbeziehung zu Ende ging. Praktischerweise zum Termin, wo ich bereits in den Ruhestand treten konnte.

 

Dieser zeitliche Zusammenfall ermöglichte es, mit einem der erfolgreichsten Unternehmen der Branche eine neue, offene Partnerschaft auf die Beine zu stellen. Meine Frau wurde formell Vertragspartnerin, war fortan meine (strenge) Chefin. Jetzt konnte ich mich, ohne Druck und Erwartungsstress, meiner über Jahre gewonnenen Routine widmen.

 

Frei nach dem Motto:

Ich kann, muss aber nicht.

Ist ein feines Gefühl. 

​2010er

​Weil die Arbeit so angenehm dahinfloss, entbrannte von Neuem die Lust, meine Gedanken einzufangen und in Lesbares zu verwandeln. Postwendend buchte ich einen Kurs beim Verlag der Deutschen Wirtschaft, um das Wissen über die Grundregeln des Werbetextens zu erlernen.

 

Diesem Schreibstil fühlte ich mich am meisten verbunden, hielt ihn für die unterhaltsamste Form des Niederschreibens meiner Erinnerungen. Dort wurde keine feine, gewählte Dichtkunst gelehrt, sondern an lockerer und origineller, aber dennoch anspruchsvoller Wortwahl gefeilt.

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München, im Mai 2015

​Im Zuge eines weiterführenden Lehrgangs lernte ich Stefan Gottschling aus Augsburg kennen, ein im gesamten deutschen Sprachraum anerkannter, brillanter Experte auf diesem Gebiet. Auf die Bitte hin, er möge meine bislang geschaffenen Textentwürfe  überprüfen, durchfilzte er mit kundigem Sachverstand einige dieser jahrealten Schriftstücke. Beurteilte meine dichterischen "Fähigkeiten", welche überwiegend  Schilderungen früherer Begebenheiten entsprangen. Seine Expertise lautete wohlwollend, wenn ich manch holprige Sätze noch pfiffiger schriebe, ließe sich die Neigung vorwärts bringen. Damit schubste er mich praktisch auf eine andere Ebene.

Die Freude am Schreiben sind den Anlagen meines Vaters geschuldet. Er verstand es, ohne weitere Hilfslinien auf dem weißen Blatt, schnurgerade und in eleganter Kurrentschrift, seine Gedanken die Gestalt von Wörtern annehmen zu lassen. Jahre nach seinem Tod entdeckten wir im Zuge eines Umbaues stapelweise nie abgeschickte Briefe. Ergreifend und mit Herzblut in dieser feinen, akkuraten Handschrift verfasst.

 

Nun stellte ich mich selbst unter Beobachtung: Beflügelt mich das Kramen in den schon reichlich verblassten Erinnerungen tatsächlich?

 

Freut es mich?

Und wartete.

Es kam plötzlich. Über Nacht. Die Freude am Niederschreiben vieler der Ereignisse, weit zurück bis zur Kindheit, befeuerten mich unglaublich, waren Anstoß, diese in Kurzgeschichten zu fassen. Mit jeder Seite wurde der Elan stärker entfacht; die stetig mehr in die Tiefe gehende Rückschau schärfte die als vergessen gehaltene Wahrnehmung. 

Manchmal glaubte ich, ich sei noch mittendrin im Geschehen. Hörte, wie wenn's im selben Augenblick wäre, den Klang der wohlvertrauten Stimmen von Heinz und Peter aus der Schule, das Blödeln Manfreds und Herberts sowie das übermütige Lachen all der Mädchen und Burschen des heimatlichen Dörfchens.

 

Fast riechen konnte ich die grau qualmenden Rauchschwaden aus dem runden, mit roten Ziegeln gemauerten kirchturmhohen Fabriksschlot. Und ich vernahm unser schon betagtes, altersschwach schnaufendes Dampfross, welches sein Arbeitsleid mit schrillen Tönen aus der weiße Wolken ausstoßenden Dampfpfeife ins stille Umland hinauspfiff. Tagein, tagaus schleppte es seine kümmerliche Wagenkarawane in unser schmales Erlauftal herein und wieder hinaus. Meistens drei, sonntags manchmal vier, farblich schon arg verblichene, ursprünglich grüne Waggons und hintendran den rußgeschwärzten hölzernen "Packelwagen".

Zu der Zeit, man mag es kaum glauben, durfte man ohne schlechtes Gewissen zur feinen Schokolade mit gerösteten Erdnüssen noch "Negerbrot" sagen.

 

Viele schon im völligen Dunkel der Vergessenheit liegenden Ereignisse ploppten wie Luftblasen im Wasser wieder an die Oberfläche, kamen immer klarer wieder ins Bewusstsein zurück. Alles fügte sich nach und nach wieder zusammen, keine Zeitlücken klafften auseinander. So plötzlich Freigespültes durfte man natürlich nicht sich selbst überlassen. Es musste sortiert, in die richtigen Bahnen gelenkt und in einem festen Rahmen eingebettet werden.


Innerhalb einer Woche verwandelte ich zahlreiche Ideen in meine erste Kurzgeschichte, den Beginn einer literarischen Reise voller Erlebnisse von waghalsigen Abenteuern bis zu berührenden Begegnungen. Über die letzten vergangenen Jahre hinweg formte ich aus meinem reichen Erinnerungsschatz kurze, lebendige Geschichten, die meine Freunde und Familie liebevoll als "Hochgeschwindigkeitsprosa" bezeichneten. Meinen eigenen Stil fand ich durch die weise Erkenntnis des
wunderbaren Mark Twain:
 

> Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen <

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